Mäuse & kein Fleisch

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MARC ZÜND / VIGILITECH.CH & RETO FREI / TIBITS.CH

Mit Marc und Reto unterhalte ich mich über die Motivation, etwas selbständig auf die Beine zu stellen. Beide arbeiten im Familienbund und wollen als Ingenieure etwas verändern. Marc Zuend steht mit Vigilitech.ch noch ziemlich am Anfang. Reto Frei verfügt zusammen mit seinen Brüdern über 20 Jahre Restaurations Erfahrung mit tibits.

 «Success seems to be largely a matter of hanging on after others have let go» (William Feather). 


 

«Zwei Unternehmer. In deren Entwicklungsphase stehen sie an ganz unterschiedlichen Punkten. Auch der Geschäftsinhalt könnte anders nicht sein. Gemeinsamkeiten gibt es trotzdem.»

 

Die Gebrüder Frei haben tibits als Familienunternehmen zu einer Zeit gegründet, in der hierzulande noch kaum jemand wusste, was vegan bedeutet.

Auch Marc Zuend hat Vigilitech nicht alleine sondern im Familienbund zusammen mit seinem Bruder gegründet. Dies aus dem Bedürfnis heraus, Tierüberwachung – v.a. in der Forschungsarbeit an Mäusen - massiv zu vereinfachen und dabei den digitalen Ansprüchen gerecht zu werden. Zusammen mit seinem Bruder und dem gesamten Team gewinnt er immer Mal wieder Förderpreise für vielversprechende Startups. Unter anderem beim Startup-Wettbewerb Venture.

Eine weitere Gemeinsamkeit: Reto Frei wurde 1998 mit seinen Brüdern bei Ventures im ersten Durchführungsjahr des Wettbewerbs zweimal prämiert, für die beste Geschäftsidee und den besten Businessplan.

Isabelle: Mich interessiert eure Motivation.
Warum tut man sich das mit der Selbständigkeit überhaupt an?

Beide sind sich einig: Das eigene Ding durchzuziehen – mit allen Konsequenzen – das ist der eigentliche Kick und die grosse Arbeitsmotivation.

 
 
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Reto:

Es ist nicht so, dass «ich mir das antue». Ich mach das gern. Meine Motivation entspringt einer inneren Wertehaltung und dem Wunsch, die Welt ein klein wenig besser machen zu wollen. tibits ist auf den Grundwerten Lebensfreude, Vertrauen, Fortschrittlichkeit und Zeit aufgebaut. Unsere Mitarbeitenden und Kunden finden sich bei der Arbeit und einem Besuch bei uns wieder.

Und nein: Das ist nicht pathetisch, sondern der eigentliche Ursprung von tibits. Neben der Tatsache natürlich, dass das vegetarisch kulinarische Gastroangebot in der Schweiz zu Gründungszeiten noch äusserst spärlich ausfiel.

Marc:
Weil ich sehr gerne Probleme löse. Das ist wohl eine Forscherkrankheit. Im Grunde bin ich davon motiviert, Dinge zu vereinfachen und zu optimieren. Zusätzlich hat mich und meinen Bruder die Startup-Szene fasziniert. In Labors wird bei der Arbeit am Tier noch oft manuell gearbeitet. Mit unserer Digitalisierungsidee konnten wir deshalb schnell punkten und sind damit auf viel Interesse gestossen.

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Beide überzeugen mich im Gespräch davon, dass sie mit grosser Begeisterung tun, was sie tun. Egal, ob sie seit zwei Jahren oder schon seit bald 20 Jahren dran sind.
Hier setzt Marc an und will von Reto wissen:

Wurde Dir das alles auch schon Mal zu viel? Ihr seid seit bald 20 Jahren im Geschäft.
Ja. Dieses Gefühl kenne ich schon. Aber es ist uns nie über den Kopf gewachsen. Wir haben uns als Team immer wieder neu ausgerichtet und Rollen neu definiert und verteilt.

 

 
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Ich möchte von Reto wissen:

Wann ist aus Startup-Sicht der richtige Moment, Rollen auf verschiedene Schultern zu verteilen?

Wie alle Gründer habe auch ich zu Beginn die meisten Aufgaben in Personalunion ausgeführt. Mit dem Wachstum kam dann die Rollenverteilung. Das braucht Zeit. Zeit, damit andere in die verschiedenen Rollen hineinwachsen und diese ausfüllen. Aber auch Mut zu erkennen und zuzulassen, dass es Fachkräfte gibt, die allenfalls auch oder sogar besser für eine Tätigkeit qualifizieren. Nicht jeder Gründer ist auch ein Chef.

 

Marc, in welcher Phase steckt ihr im Moment?

Auch nach zwei Jahren definitiv noch in der Anfangsphase. Dies auch wenn wir unsere Arbeit auf ein Team von 5 Mitarbeitenden verteilen können, so wird dennoch jedem von uns noch ein sehr breiter Aufgabenfächer zugeteilt. Eine zentrale Rolle kommt meinem Bruder zuteil. Als Programmierer trägt er einen enormen Wissenspool bei bzw. in sich. Das kann man als Risiko betrachten. In Bezug auf unsere Beziehung erachte ich es aber als Stärke. Diese Abhängigkeit stärkt uns als Team. Die gesamte Geschäftsentwicklung inklusive Investorensuche wiederum liegt bei mir. Hier kann und will ich noch nichts abgeben. Unsere Idee ist uns heilig – und wir wollen im Wachstum und auf der Suche nach Investoren auf keinen Fall unsere Seele verkaufen.

 

Zum Schluss interessiert mich, was in der Gründungsphase eine der grössten Herausforderungen ist:

 

Marc:

Eine grosse Hürde haben wir bereits überwunden: Der Grundsatzentscheid voll auf diese Karte Selbständigkeit bzw. Startup zu setzen. Das fand ich schwierig. Jetzt wo wir uns dafür entschieden haben, bleibt der Weg natürlich steinig, aber wir stellen uns keine Grundsatzfragen mehr. Wir können uns nun voll dem Business widmen.

 

Reto:

Ja. Dem würde ich zustimmen. Ich kann mich nach dieser Entscheidung noch gut erinnern, wie wir während mehr als zwei Jahren erfolglos nach der passenden Location gesucht haben. Das war ermüdend. Ich hab mich dann immer an diesen Spruch gehalten: „Success seems to be largely a matter of hanging on after others have let go (William Feather).” Das ist auch heute noch unser Mantra.

 

©2018 - Autorin: www.isabelle-sailer.ch